
Für einmal hat alles zusammengepasst. Der SC Bronschhofen steigt am Ende der Saison 2015/16 in die 2. Liga auf.
So blieben die seltenen Punktverluste, wie beim Rückrundenstart in Degersheim (2:2) oder der überraschenden Heimniederlage gegen Absteiger Weinfelden (1:3), ohne Konsequenzen, da die direkte Konkurrenz immer gleichzeitig patzte. Ebenso wurden, wenn nötig, auch mal knappe Resultate, wie die 3:2-Siege gegen Netstal und Linth, nach Hause geschaukelt. Zuletzt war nicht einmal der Platzverweis gegen den einzig nominellen Torwart Hagmann beim Spitzenspiel in Eschenbach (2:2) ein Nachteil. Denn Aushilfs-Keeper Alessandro Maier kratzte die Bälle wie einst Mladen Petric aus der Ecke und Michael Schlegels fehlerfreies Comeback in Aadorf (2:1) wurde von der Querlatte belohnt, indem sie einen letzten abgefälschten Schuss für ihn klärte. Spätestens hier war allen Beteiligten klar: diese Rückrunde läuft für den SCB.
Dies sind aber nur die kleinen Anekdoten, welche in einer erfreulichen Rückschau auffallen. Deutlich präsenter bleiben die Eindrücke vieler starker Meisterschaftsauftritte – insgesamt gabs acht Rückrundensiege, davon sechs in Serie. Einige Erfolge fielen deutlich aus (wie gegen Kirchberg, Eschlikon und Bütschwil), bei anderen musste das oben erwähnte Wettkampfglück richtiggehend erzwungen werden. Stellvertretend dafür steht wohl die Auswärtsfahrt zum FC Wattwil Bunt, als nach ernüchternden 87 Minuten ein 0:1-Rückstand von der Anzeigetafel prangte. Mit einer enormen Willensleistung und einem Sturmlauf bis zum Schluss konnte dieses Zwischenresultat noch in einen 2:1-Sieg gedreht werden.
Darin liegt wohl auch das Erfolgsgeheimnis des Aufsteigers: der exzellente Teamspirit. Trotz vieler guter Einzelspieler, überzeugte die Moutafis-Elf zu jeder Zeit mit hoher mannschaftlicher Geschlossenheit. Selbst wenn Partien mal nicht nach Wunsch liefen, (ver)zweifelte das „Eis“ nie an sich selbst, sondern kämpfte stets gemeinsam für den Erfolg.
So passte das Aufstiegsspiel in Schmerikon (1:0-Sieg, Artikel "Ein denkwürdiger Sonntag im Juni") ganz gut ins Schema. Die mitgereisten Zuschauer sahen keine Gala eines überlegenen Gruppenersten, sondern einen konzentrierten und abgeklärten Auftritt einer eingeschworenen Truppe, in der jeder für den Mitspieler fightet, läuft und grätscht. Durch diese Tugenden errang der SCB die meisten Rückrundenpunkte (26 P.) und erreichte die „magische Grenze“ von 49 Zählern (bereits Henau und Tobel stiegen in den Vorjahren mit dieser Punktzahl auf). Fast schon selbstverständlich gelangen bei der Tordifferenz (+30), den erzielten Treffern (55) sowie der Anzahl Zu-Null-Spiele (11) neue vereinsinterne 3. Liga-Bestmarken. Beeindruckend ist ausserdem die Tatsache, dass elf(!) der eingesetzten Spieler bereits beim Aufstieg aus der 4. Liga vor vier Jahren dabei waren (vier weitere spielten damals im „Zwei“ oder bei den eigenen Junioren) – ein erfreulich hohes Mass an Konstanz und Vereinstreue.
Neben dem intensiv gefeierten Aufstieg, ging es beinahe etwas unter, dass der SCB auch im Cup (einmal mehr) für Furore sorgte. Mit vier Siegen im Herbst, mal deutlich wie beim 9:1 gegen Münchwilen, mal nervenaufreibend wie im Penaltykrimi gegen Weinfelden-Bürglen (5:4 i.E.), qualifizierte sich das Team fürs Viertelfinale. Zum dritten Mal innert fünf Jahren standen nur noch zwei Partien zwischen Bronschhofen und der Cup-Hauptrunde. Doch zum dritten Mal setzte es eine schmerzliche Niederlage ab.
Dabei war das K.-o.-Spiel vor der Rekordkulisse von 530 Zuschauern enger, als viele im Vorfeld erwarteten. Chur 97, der spätere Aufsteiger in die 2. Liga interregional, ging zwar vor der Pause 0:1 in Führung, musste aber ab der 60. Minute, nach einem groben Foulspiel, in Unterzahl agieren. Zudem gab es kurz vor Schluss die Top-Ausgleichsmöglichkeit vom Elfmeterpunkt. Doch Kapitän Kaiser scheiterte am reaktionsschnellen Keeper, wodurch die Hauptrundenträume jäh gestoppt wurden.
Einen neuen Anlauf gibt es in der nächsten Saison. Dann wird es interessant zu sehen, wie der SCB mit seiner neuen Rolle zurechtkommt. Bisher ging der Favoritenschreck meist als Underdog in die Partie, doch als Zweitligist gehört er definitiv nicht mehr zu den „Kleinen“ und wird gewissermassen vom Jäger zum Gejagten.
Die Saison 2016/17 bringt einige Änderungen mit sich. Zuallererst: die Liga! Nach dem Aufstieg spielt die erste Mannschaft erstmals seit 20 Jahren wieder in der 2. Liga regional. Dies bringt nicht nur grössere Herausforderungen mit sich, sondern auch ein verändertes Rollenbild. Denn während das „Eis“ neunmal in den letzten zehn Jahren zu den Aufstiegsfavoriten zählte, ist es nun plötzlich der Underdog. Dies kann Chance sein – immerhin spielen die Gegner öfter mit, statt sich hinten rein zu stellen – aber auch Gefahr – wie geht das Team nach langer „Hausse“ mit einer allfälligen „Baisse“ um?
Als nächstes: der Trainer! Das Duo „Speedy“ Moutafis (neu Assistent in Uzwil, 2. Int.) und Paul Dudler (weiterhin im Vorstand) trat nach drei erfolgreichen Jahren auf dem Höhepunkt zurück. Mit Domenico Esposito wurde ein Nachfolger gefunden, der sich in den regionalen Ligen äusserst gut auskennt. Im Idealfall wird die Aufstiegseuphorie noch durch den Schwung des Trainerwechsels verstärkt.
Zuletzt: Kader und Gegner! Der SCB verzeichnet fast schon traditionell wenige Kadermutationen. Luca Cavegn (FC Frauenfeld), Boris Dancic und Marc Näf (beide Rücktritt) sind die einzigen Abgänge. Neu dabei sind Nicola Guntersweiler (vom FC Münchwilen), Tomasz Kubiak (FC Weinfelden-Bürglen), Markus Schmid (Neuanfang/FC Tobel), Denis Sewo (FC Kirchberg) und Rückkehrer Joel Hanselmann (SCB2).
Die Kontrahenten sind im Vergleich zum Vorjahr zwar allesamt neu, aber keinesfalls unbekannt. Amriswil und Abtwil-Engelburg gastierten in spannenden Cup-Begegnungen auf dem Ebnet. Auf Bazenheid, Herisau und Tägerwilen traf das Team in Testspielen und mit Tobel-Affeltrangen, AS Calcio Kreuzlingen (zweite Mannschaft) sowie den Uzwiler Serben duellierte man sich in jüngster 3. Liga Vergangenheit. Ganz neu werden die Erfahrungen einzig mit der weiter weg liegenden „Bodensee-Fraktion“ – dem FC Arbon 05, FC Steinach und FC Rorschach.
Die Gruppe 2 zeigte sich im letzten Jahr, bis auf die beiden abgeschlagenen Gruppenletzten, äusserst ausgeglichen. Es warten also zahlreiche interessante und umkämpfte Partien auf die Esposito-Elf.
Bericht: Florian Lehner
SC Bronschhofen | Sportplatz Ebnet | Postfach 40 | 9552 Bronschhofen